#12910

ARCH+ (D)

#236: posthumane Architektur

Beim Posthumanismus geht es nicht darum, den Humanismus zu Grabe zu tragen, vielmehr geht es um das Eingeständnis der menschlichen Fehler und Fehleinschätzungen hinsichtlich der Frage, was uns überhaupt zum Menschen macht. Der Humanismus hat dem Menschen die zentrale Stellung zugewiesen. Aber dieser Anthropozentrismus steht heutzutage, angesichts des menschengemachten Klimawandels und der fortschreitenden Zerstörung der Umwelt, vor allem für die ethische Überhebung des Menschen.

Hinzu kommt die zunehmende Marginalisierung des Menschen durch autonom agierende Technik. Gerade für den Bereich der Architektur hat diese Entwicklung weitreichende Folgen. Mit dem Smart-City-Diskurs dringen Technologieunternehmen schon weit in das Feld der Architekt*innen und Planer*innen vor. Grundlage der Entwicklungen, von mobilen Anwendungen wie Liefer- oder Mobilitätsservices bis zu den städtebaulichen Projekten von Alibaba und Alphabet, bilden unsere (Nutzer-)Daten. Sie ermöglichen nicht zuletzt neue Planungs- und Entwurfswerkzeuge. Die Algorithmen, Gleichungen und Schlüsse hinter diesen Werkzeugen und Anwendungen sind jedoch keine unhinterfragbaren Wahrheiten. Sie sind weder neutral noch objektiv oder gar faktisch. Hinter ihnen stehen Menschen – Datenanalysten und Programmierer, Konzerne und private Netzwerke –, deren Entscheidungen unsere Vorstellungswelt prägen und über unser Zusammenleben bestimmen.

Die Smart City verspricht Sicherheit, Komfort und Nachhaltigkeit, ohne über gleiche Voraussetzungen und Lebensverhältnisse für die Bürger*innen zu sprechen. Sie unterwandert damit die tradierten Werte von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit als gesellschaftliche und städtebauliche Leitmotive der Stadt. Die Implikationen betreffen also nicht nur das gesellschaftliche Miteinander, sondern auch unser Selbstverständnis. Das zu gewährleisten, war und ist die Kernaufgabe von Architekt*innen. Und daran sollte sich auch im Zeitalter der posthumanen Architektur nichts ändern.

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